„Take care, we are in Venice“: Vortrag von Prof. Enno Ruge (LMU) für unsere Venedig-Seminare
Venedig, diese „unwahrscheinlichste aller Städte“ (Thomas Mann), ist nicht nur städtebaulich ein schwer überblickbares Labyrinth aus engen Gassen, pittoresken Campi und finsteren Kanälen – auch die umfangreiche Literatur über die „Serenissima“ mit ihren wiederkehrenden Motiven und schwer zu durchschauenden Bezügen trägt durchaus labyrinthische Züge.
Einen „roten Faden“ durch dieses Labyrinth erhielten die Teilnehmer*innen unserer W-Seminare „La Serenissima I und II“ im Rahmen eines 90-minütigen Gastvortrags des Venedig-Experten Prof. Dr. Enno Ruge (LMU München) am Hardenberg-Gymnasium. Der Vortrag mit dem Titel „,Take care, we are in Venice‘: Zum Motiv des Fremden in Venedig in der englischsprachigen Literatur“ bot nicht nur eine beeindruckende Tour d’Horizon der Venedig-Literatur von Shakespeare bis heute, er konnte anhand des Motivs der „Fremdheit“ auch viele interessante Entwicklungslinien nachzeichnen.
So hat der Mythos vom unermesslich reichen, weise regierten und besonders kunstsinnigen Venedig, wie ihn begeisterte Besucher der Stadt seit der Frühen Neuzeit verfestigt haben, auch eine dunkle Kehrseite. „Fremde“ in venezianischen Diensten etwa – wie z.B. Shylock und Othello bei Shakespeare – haben in der Literatur nur selten das Glück einer erfolgreichen „Integration“ und ihre Bemühungen darum enden nicht selten tödlich. Ähnliches gilt für die mit der Moderne zunehmend im literarischen Fokus stehenden Touristen, die – etwa bei Thomas Mann, Daphne du Maurier und Ian McEwan – häufig Gefahr laufen, in der „Serenissima“ nicht nur die Orientierung sondern auch ihr Leben zu verlieren. Der Tourismus spielt auch in zeitgenössischen Kriminalromanen über Venedig eine wichtige Rolle, die besseren unter ihnen – wie z.B. Michael Dibdins Dead Lagoon (1994) – untersuchen das Thema der „Fremdheit“ aber auch im Lichte xenophober und separatistischer politischer Bewegungen im Veneto der Gegenwart.
Unsere Schülerinnen und Schüler nahmen den akademischen „Input“ dankbar auf und freuten sich über die zahlreichen Lektüre-Tipps und Anregungen für ihre Seminararbeiten, die Prof. Ruge ihnen geben konnte.