Besuch aus Großbritannien: Osteuropa-Experte Dr. James Koranyi zu Gast am HGF
In den vergangenen Jahren ist Osteuropa, vor allem durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, verstärkt in den Fokus der politischen Diskussion gerückt. Zugleich ist das Thema in den Lehrplänen oft noch unterrepräsentiert oder beschränkt sich auf einen einseitigen Blickwinkel (z. B. die Sowjetunion im Kalten Krieg). Neue Denkanstöße zu unserer, also der westeuropäischen, Sicht auf Osteuropa erhielten die Fachschaften Geschichte und PuG durch den britischen Historiker Dr. James Koranyi im Rahmen einer schulinternen Lehrerfortbildung. Der ausgewiesene Experte der Universität Durham bot Einblicke in aktuelle akademische Diskussionen zur „Dekolonisierung“ Osteuropas. Trotz der stressigen Abiturphase nahmen ein Dutzend Lehrkräfte die Einladung an und neue fachliche Impulse mit.
Im Anschluss bot Dr. Koranyi für die Schülerinnen und Schüler des Englisch-W-Seminars „Spectres, Zombies, Vampires: The Figure of the Revenant in English Literature and Culture“ einen 90-minütigen Workshop an. Unter dem Titel „Imagining the Balkans: Gothic Travellers and the Invention of Vampirism in Nineteenth Century Eastern Europe“ ließ er sie an seinem aktuellen Forschungsprojekt zu britischer Karpaten-Reiseliteratur um 1900 teilhaben und erörterte die Frage, wieso ausgerechnet die Balkanhalbinsel im kulturellen Imaginären der Moderne eine so große Rolle spielte. Am Beispiel von Reiseberichten und fiktionalen Texten wie Bram Stokers Dracula oder Anthony Hopes Prisoner of Zenda konnten die Schülerinnen und Schüler hervorragend nachvollziehen, wie der Balkan im 19. Jahrhundert nicht nur als Schnittstelle zwischen Orient und Okzident sondern auch als Brutstätte von Gewalt, Aberglauben, Okkultismus und Vampirismus imaginiert wurde. Der kurzweilige kulturhistorische Exkurs war eine perfekte Ergänzung zu den bisherigen Lektüren zum Vampirismus und bot einen zusätzlichen Motivationsschub für das Verfassen der Seminararbeiten.